Mario Terán, ein bolivianischer Soldat, der vor 50 Jahren Che Guevara hingerichtet hat, erhielt vor zehn Jahren eine kostenlose Krebsbehandlung von einem kubanischen Ärzteteam, das in Bolivien eine solidarische Mission hatte. Zweifellos ein kurioser Vermerk für Meldungen oder Reportagen zum Todestag des Guerillakämpfers. Aber weit gefehlt: In den großen, internationalen Tageszeitungen liest man nichts.
Eine ähnliche Anklage der Massenmedien heutzutage, die dem zentralen Informationsziel widerspricht: Die Beendigung des Mythos um die Figur Ernesto Guevara und seinen Einsatz, eine solidarische Gesellschaft zu erschaffen. Er wird beschrieben wie ein Abenteurer, wie ein idealistischer Träumer, wie ein Anführer eines "erfolglosen", sozialistischen Systems ebenso wie ein kaltherziger Mörder. Auch wie eine inhaltlose Pop-Ikone oder lediglich als Konsumobjekt, um T-Shirts zu verkaufen: Zweifelsfrei der definitive Beleg seiner vermeintlich "gescheiterten" Ideen.
Die absolute Mehrheit der Interviews, die wir heutzutage lesen, wird nicht mit Fachleuten seiner Arbeit, seinen Familienangehörigen oder Guerillagefährten geführt. Die vier überlebenden Kinder Ches und zwei der Überlebenden der "Quebrada del Yuro", wo Che gefangen genommen wurde, nahmen mit Evo Morales an den Erinnerungsfestlichkeiten in Bolivien teil. Sie standen für die Presse zur Verfügung, aber ehrlicherweise interessierten ihre Meinungen und Erlebnisse nicht.
Medien wie beispielsweise "Clarin", die argentinische Tageszeitung, suchen nur Berichte derer, die Ches Sache verraten, von denen, die sich von seinen Ideen distanzieren. 1996 war es eine der ersten Tageszeitungen, die Daniel „Benigno“ Alarcón interviewten, Mitglied der Guerilla, der in der Spezialperiode in Kuba entschied, politisches Asyl in Frankreich zu beantragen. Diese Woche veröffentlichte "Clarin" ein Special über Che, das man eher als Special über "Verräter und Deserteure oder deren Töchter und Söhne" bezeichnen könnte. Man interviewte Laurence Debray, Tochter von Regis Debray und Autorin von Büchern und Dokumentationen von monarchischer Propaganda wie "Juan Carlos de España"; Liliana de la Guardia, Tochter von Antonio de la Guardia (kubanischer Oberst, der aufgrund seiner nachgewiesenen Verbindung zum Drogenhandel hingerichtet wurde) und ihren Ehemann, Jorge Masetti, bedauernder Exguerillo und Sohn des Gründers von Prensa Latina. Alle diffamierten ausnahmslos Che, Fidel Castro und die kubanische Revolution.
Auch gibt es in diesen Wochen zahlreiche Interviews mit ehemaligen Linken, heutigen Kritikern aus den fortschrittlichen Regierungen Lateinamerikas. Wir lesen kein einziges Interview oder einen Artikel mit Meinungen Intellektueller, Politiker oder Aktivisten, die die Gültigkeit Ches Denkens verteidigen außer in den alternativen Medien.
Und das unglaublichste ist, dass die meistinterviewte und am häufigsten zitierte Person aktuell "El Gato", Félix Rodríguez Mendigutía, ist: ein Agent, den die CIA nach Bolivien schickte, um Che Guevara gefangen zu nehmen und zu töten. Einen Kriminellen, den die spanische Tageszeitung ABC als "einen unschuldigen Kubaner" beschreibt, der "sein ganzes Leben dafür opferte, um den Kommunismus in zahlreichen Ländern zu bekämpfen".
Kein Wort über seine terroristischen Handlungen gegen Kuba, seine Beteiligung an der versuchten Invasion in der Schweinebucht, sein Handeln als Folterknecht in Vietnam oder seine Unterstützung diverser Diktaturen, wie die in Nicaragua, bei der er am Fluchtplan Anastasio Somozas, nach dem Triumph der sandinistischen Revolution, beteiligt war.
Es ist wichtig, seinen fanatischen Antikommunismus zu verheimlichen, um die Glaubwürdigkeit seiner beiden Hauptbotschaften, die er in jedem Interview wiederholt, nicht zu gefährden: Zum einen, dass Che "ein Mörder war, der es genoss, Menschen zu töten", zum anderen, dass es Fidel Castro war, der ihn "nach Bolivien in den Tod schickte" aufgrund ideologischer Uneinigkeit.
Identische Botschaften müssen wir in neuen Büchern, die von großen Herausgebern veröffentlicht werden, und Tageszeitungen lesen, im Radio hören und im Fernsehen sehen, die alle zur gleichen Gruppe der Kommunikation gehören. Aktuell handelt es sich um den Fall des neuesten Schwindels namens "Tengo a papá. Las últimas horas del Che" von Editorial Planeta, das von J. J. Benitez, einem bekannten Quacksalber, der sich auf Bücher über Ufos spezialisiert hat, der versichert, dass "Che Guevara heute Dschihadist wäre" und dass sich seine sterblichen Überreste nicht in Kuba, sondern in Bolivien befinden.
Seine Quelle: Ein anderer mutmaßlicher "Exagent" der CIA.
Handelt es sich dabei um den gleichen Agenten, der den Autor über eine Alienbasis informierte, die die Apollo XI angeblich 1969 auf dem Mond fand und die amerikanischen Streitkräfte mit Hilfe einer Atombombe zerstörte? Alles deutet auf "ja" hin.
Übersetzung: Christoph Zimmermann
José Manzaneda, Koordinator von Cubainformación
CUBA LIBRE 1-2018